Klimagerecht Bauen und Sanieren – Wie wir ins Handeln kommen

© Kristin Baumert

Im Rahmen der dritten Baukulturtage in Bad Aibling identifizieren Expertinnen und Experten fünf Handlungsfelder, die eine hohe Hebelwirkung für klimagerechtes Bauen und Sanieren haben.

Zum Thema „klimagerecht Bauen und Sanieren“ trafen sich Vertreter und Vertreterinnen aus Praxis und Forschung, der Architektur, dem Ingenieurwesen, der Immobilienwirtschaft und der Verwaltung im Rahmen der Baukulturtage in Bad Aibling. Die Baukulturtage fanden bereits zum dritten Mal statt und werden von der B&O Gruppe gemeinsam mit der Bundesstiftung Baukultur ausgerichtet.

Wie kommen wir zügig ins Handeln? Um diese Frage ging es vor allem am zweiten Tag der Baukulturtage bei einem interdisziplinären Fachgespräch. Experten und Expertinnen diskutierten, wie sich das einfache Bauen, das sich an den Klimazielen orientiert und gleichzeitig für hochwertige Baukultur steht, weiter voranbringen lässt.

Als roter Faden zog sich das Thema der Effizienz bzw. der Suffizienz durch die Diskussion. Vergleichbar mit dem 80/20 Regel des Pareto-Prinzips, reichen meist 80 Prozent im Ergebnis, um eine signifikante Verbesserung zu erzielen. Die restlichen 20 Prozent sind nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand von Ressourcen zu erzielen. In diesem Sinne ist schon ein sogenanntes Besserungsgebot im Bestandsumbau hilfreich, um eine hohe Wirkung für mehr Klimaschutz zu erreichen. Im Ergebnis wurden fünf Handlungsfelder mit hoher Hebelwirkung für klimagerechtes Bauen und Sanieren festgestellt:

  • Vorrangig Bestand fördern und berücksichtigen

Derzeit sind alle Richtlinien auf den Neubau ausgelegt. Dieser Standard liegt auch dem Bestandsumbau zugrunde, wodurch Sanierungs- und Umbauvorhaben erschwert werden. Ein möglicher Ansatz ist, analog zum Denkmalschutz, den Bestandsschutz auch auf den Umbau entsprechend zu übertragen.

  • Gebäudetyp E weiter vorantreiben und auf den Bestand erweitern

Bauen kann nur dann einfacher und kostengünstiger werden, wenn nicht die Vielzahl aller allgemein anerkannten Regeln der Technik und DIN-Normen automatisch wirksam werden. Es reicht vollkommen aus, in Form des sogenannten Gebäudetyps E die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit zu gewährleisten und weniger aufwändig zu bauen.

  • Planungsprozess in den Mittelpunkt stellen 

Die Weichen für ein erfolgreiches Bauvorhaben werden in der Phase Null frühzeitig gestellt. Der Planungsprozess beeinflusst über 90 % der Lebenszykluskosten, an denen die Planungskosten selbst nur einen durchschnittlichen Anteil von gerademal drei Prozent haben.

  • Fehlanreize durch Förderungen abbauen

Förderungen sollten künftig bezogen auf den Lebenszyklus aufgesetzt und die sogenannte graue Energie in die gesamte Emissionsbilanz mit einbezogen werden - auch und gerade bei der Bilanzierung des Gebäudes während der Nutzungsphasen. Es gilt die Förderungen an der erreichten Effizienz auszurichten und nicht an kostentreibenden Baustandards.

  • Umsatzsatzsteuerbefreiung für Kreislaufwirtschaft etablieren

Der Einsatz von neuen, regenerativen Baustoffen und die Wiederverwendung von vorhandenen Bauelementen und -materialien muss kostengünstig möglich sein. Es gilt bei Neubauvorhaben, Gesichtspunkte der Kreislaufwirtschaft zugrunde zu legen und somit auch künftig Ressourcen zu schonen.

Durch die skizzierten Handlungsfelder ließe sich der Paradigmenwechsel in der Baubranche weiter vorantreiben, so die Einschätzung der Experten und Expertinnen. Vor allem aber brauche es auch Mut, neue Wege zugehen, Baukultur und Gestaltungsqualität wieder neu zum Maßstab zu machen, um somit zu lebenswerten, klimagerechten Räumen beizutragen.


Weiterführende Informationen über die Baukulturtage in Bad Aibling finden Sie hier:
www.bundesstiftung-baukultur.de/veranstaltungen/baukulturdialoge/detail/klimagerecht-bauen-und-sanieren

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