Versprochen – gehalten? – Realisierte Wettbewerbe im Dialog | Baukulturdialog in Hamburg

© Kristin Baumert
Der Baukulturdialog fand im Rahmen der Ausstellung „Die ganze Stadt. Hamburger Wettbewerbe und Verfahren 2017-2023“ statt und war Teil des 10. Hamburger Architektur Sommers.

Wettbewerbe als Crash-Kurs für die teilnehmenden Architektur- und Ingenieurbüros, 9 Thesen im Vorfeld eines Entwurfs für ein Verlagshaus und ergebnisoffene Wettbewerbsverfahren – das Themenfeld war weit gespannt beim Baukulturdialog in Hamburg, zu dem die Bundesstiftung Baukultur gemeinsam mit der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen eingeladen hatte.

Der Baukulturdialog war Teil des Rahmenprogramms von der Ausstellung „Die ganze Stadt. Hamburger Wettbewerbe und Verfahren 2017-2023“ und nahm bereits vor Jahrzehnten realisierte Wettbewerbe in den Blick. Die Messe Leipzig stellte Prof. Dr. - Ing. h.c. Volkwin Marg vor, Stefan Behnisch ging auf den Olympiapark München ein und Julia Erdmann erläuterte den laufenden Transformationsprozess des Hamburger Gruner und Jahr Gebäudes. Und auch in der anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Frage aufgegriffen, ob sich die im Wettbewerbsbeitrag versprochenen Qualitäten langfristig bewährt haben und inwieweit Lösungen für anstehende Bauaufgaben durch einen Wettbewerb ermittelt werden und dadurch die ganze Stadt profitieren kann.

Blick hinter die Kulissen

Prof. Dr. - Ing. h.c. Volkwin Marg, Stefan Behnisch und Julia Erdmann gaben einen Blick hinter die Kulissen und erläuterten die Genese der Entwürfe, im Ringen um die beste Idee. Es fiel das Stichwort Crash-Kurs, da man als Wettbewerbsteilnehmer innerhalb kurzer Zeit zu Experten für den spezifischen Ort, wie in Leipzig für die neuen Messehallen und die damit verbundene Aufgabe wird. Die Planung, das Verständnis für den Genius Loci bestimmen ebenso den Projekterfolgs wie das Einhalten von Kosten und Terminen und dann gehört auch immer eine gehörige Portion Glück dazu.

Wie Wettbewerbe ihre Qualität vor allem aus der Formulierung einer architektonischen Absicht ziehen können, wurde am Beispiel des Olympiaparks in München verdeutlicht. Hier war der Kern des Entwurfs die Landschaft mit den eingebetteten Sportstätten. Das Dach war nachgelagert und in den Plänen als architektonische Idee dargestellt. Von Beginn an der Planungen wurde auch die Nutzung nach den Spielen mitgedacht, so dass eine flexible Nutzung der Sportstätte möglich war und immer noch ist.

Die Transformation des Verlagshauses Gruner & Jahr bekommend die Hamburgerinnen und Hamburger gerade unmittelbar mit. Grundlage für den Entwurf des Verlagsgebäudes war die Prämisse, dass ein Gebäude für Journalisten und Medienschaffenden kein Verwaltungs- oder Bürogebäude ist. Funktionen wie die Möglichkeit zum informellen Austausch, kurze Wege, Räume, die die Kreativität fördern standen im Mittelpunkt der Überlegen. Nicht ohne Grund hatten die Münchner Architekten Otto Steidle und Uwe Kiesler ihrem Entwurf neun Thesen vorangestellt, um zunächst ein gemeinsames Verständnis mit den Auslobenden und der Jury zu erlangen.

Spielraum für Interpretation und Möglichkeitsräume

Die zentrale Bedeutung des Entwurfs bzw. der Entwurfsskizze, um die tragende Idee zu kommunizieren und neue Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, stand auch bei der abschließenden Podiumsdiskussion im Mittelpunkt. Wettbewerbe sind im besten Falle Prozesse, die Annahmen aus der Auslobung nochmal in Frage stellen können. Das Ergebnis entsteht durch Diskussion und die Rückkoppelung mit allen Beteiligten, den Teilnehmenden, der Jury und den Auslobenden. Eine nicht allzu eng gefasste, ergebnisoffene Auslobung bildet dabei das gute Fundament. Wenn der Wettbewerbsbeitrag wiederum zu einem gewissen Grad vage bleibt und lediglich einen generellen Rahmen absteckt, bleibt für die Jury ein Interpretationsspielraum – und die Möglichkeit der Kurskorrektur in Abstimmung mit und durch den Auslobenden. In diesem Sinne, im Dialog können Wettbewerbsversprechen am besten eingehalten wrden und maßgeblich zu guter Baukultur beitragen.

Mit Barbara Ettinger-Brinkmann, Architektin BDA, Beirat Bundesstiftung Baukultur, Prof. Jörg Aldinger, Aldinger Architekten Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart, Prof. Dr. - Ing. h.c. Volkwin Marg, gmp Architekten, Hamburg, Julia Erdmann, JES Socialtecture, Hamburg, Stefan Behnisch, Behnisch Architekten, Stuttgart, Dr. Marie Ackermann, Rechtsanwältin, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Hamburg war auch die abschließende Podiumsdiskussion prominent besetzt.

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