Bestandsaufnahme: Die Debatte um die Paulskirche

Die Frankfurter Paulskirche ist eines der wichtigsten gebauten Symbole für die Geschichte der Demokratie in Deutschland. Seit 2017 steht fest, dass das im Bauwerk umfassend saniert werden muss. Dies hat eine bundesweite Diskussion darüber eröffnet, auf welche Weise den verschiedenen Zeitschichten des 1947/48 von Rudolf Schwarz wieder errichteten Gebäudes Rechnung getragen werden kann. Ein öffentliches Fachgespräch in der Evangelischen Akademie in Frankfurt nahm am 14. Dezember die Debatten auf.

Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur in Potsdam, moderierte die Veranstaltung und resümierte: „Die Paulskirche ist ein bundesweit besonderer Ort der Geschichte und der Demokratie. Sie ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie ein Kulturdenkmal durch Anpassungen und Umbauten wieder mit neuem Leben und neuen Funktionen gefüllt werden kann, ohne die historische Herkunft und Bedeutung zu schmälern. Auch bei der anstehenden Sanierung sollte die Paulskirche mit einem klugen Blick auf den Bestand behandelt werden.“

Die Rekonstuktionsdebatte zum Zustand der Paulskirche von 1848 ist inzwischen politisch entschieden. Frankfurt als Eigentümer und Bauherr wird den Nachkriegszustand wiederherstellen und strebt eine hochwertige Lösung der Nachkriegsmoderne des Planungsteams um Rudolf Schwarz an. Hierfür müssen jetzt in einer klugen und intensiven Phase Null alle offenen Fragen und Untersuchungsbedarfe geklärt werden. Aufgrund der Planungs- und Realisierungsfristen ist eine Fertigstellung zum 175. Jubiläum der deutschen Revolution am im Jahr 2023 eher unwahrscheinlich. Der verantwortliche Stadtrat Jan Schneider und die Teilnehmer des Podiums waren sich jedoch einig, dass angesichts der Bedeutung der bevorstehenden Sanierung Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen müsse.

Debattiert wurde auch die vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im März diesen Jahres erneut aufgeworfene Idee, ein Dokumentationszentrum zur Paulskirche als Haus der Demokratie in Nachbarschaft unterzubringen. Hier gab es große Zustimmung auf dem Podium. Allerdings gab Reiner Nagel zu bedenken, dass eine fundierte Konzeptentwicklung für ein belastungsfähiges Nutzungskonzept vorausgehen müsse, als Grundlage für eine überzeugende städtebauliche und architektonische Lösung.

„Die Frankfurter Paulskirche steht wie kein ein anderer Ort für die deutsche Demokratie“, sagte Staatsministerin Angela Dorn. „Hier gab sich Deutschland erstmals eine demokratische und freiheitliche Verfassung, die noch fast hundert Jahre später das Grundgesetz beeinflusste.“

Gemeinsam Verantwortung von Bund, Land und Stadt

„Es gibt eine gemeinsame Verantwortung von Bund, Land und Stadt für dieses national bedeutsame Baudenkmal“, sagte Dr. Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen.

Harzenetter erinnerte auch an die öffentlichen Debatten über den Wiederaufbau der Städte nach dem Zweiten Weltkrieg: „Es waren zutiefst moralische Diskussionen, die sich im Kern darum drehten, ob Rekonstruktion nicht das Unsagbare ungeschehen machen möchte.“ Die nun geführten Debatten müssten fortgesetzt werden, hier sehe die Denkmalpflege sich im Sinne unserer gemeinsamen Verantwortung gegenüber der Geschichte in der Pflicht.

Hintergrund

Seit 2017 steht fest, dass die im Krieg zerstörte und 1947/48 wiedererrichtete Paulskirche umfassend saniert werden muss. An der Frage, auf welche Weise den Zeitschichten des als Ausstellungs-, Gedenk- und Versammlungsraumes genutzten Gebäudes hatte sich eine bundesweite Diskussion entzündet. Wesentliche Grundentscheidungen haben die Parteien der Regierungskoalition im Römer schon Anfang November getroffen, als sie sich für die Nachkriegsgestaltung mit ihrer schlichten Form als Leitlinie der Sanierung entschieden. Dennoch werden in Zukunft noch viele Detailfragen zu klären sein. Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen ist in sämtliche Planungen zu dem Baudenkmal involviert.

Die Vorträge und Redebeiträge des öffentlichen Fachgesprächs werden im Heft 2/2020 der Zeitschrift Denkmalpflege & Kulturgeschichte publiziert. Das Heft erscheint im Sommer 2020.

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