Nachbericht zum Baukulturdialog Augsburg „Neue Verantwortung in der Immobilienwirtschaft“

„Fuggereien in ganz Deutschland!“

Am 9. Juni 2022 waren wir zu Gast in Augsburg. In Kooperation mit den Fürstlich und Gräflich Fuggersche Stiftungen veranstalteten wir dort den Baukulturdialog „Neue Verantwortung der Immobilienwirtschaft“. Die Augsburger Fuggerei gilt als älteste Sozialsiedlung Europas und gibt seit 500 Jahren bedürftigen Menschen einen geschützten Wohnraum. Die Fuggerei agiert so als verantwortungsvolle Akteurin und Bauherrin mit Beispielcharakter.

Der Tag begann mit einer informativen Führung über das Fuggerei-Areal. Am Nachmittag fand der Dialog in einem temporären, von MVRDV gestalteten Pavillon auf dem Augsburger Rathausplatz statt. Dort wurde in Impulsvorträgen und im Podium die Rolle der Immobilienwirtschaft in Bau und Betrieb von Wohnraum diskutiert.

Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber begrüßte die Gäste vor Ort. Im Anschluss daran zeigte sich parlamentarische Staatssekretärin des Bundesbauministeriums (BMWSB), Cansel Kiziltepe begeistert vom Konzept der Fuggerei und forderte „Fuggereien in ganz Deutschland“!

Astrid Gabler, die die Leitung der Kommunikation und des Programms der Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen innehat, stellte den Fuggerei-Code vor. Dieser beinhaltet, dass kuratierter Lebensraum für die Ewigkeit zur Verfügung gestellt wird für ein Minimum an spiritueller und monetärer Gegenleistung. Die Fuggerei ermöglicht durch ihr Wohnraumkonzept seit 1521 ein selbstbestimmtes Leben in Würde. Auch die nächsten 500 Jahre sollen durch das Projekt „Fuggerei NEXT500“ diese Ziele erreicht werden – unter Beachtung der Sustainable Development Goals (SDGs).

Im Anschluss daran sprach Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur über „Gesellschaftliche Innovation durch baukulturelle Verantwortung“. Er zog das Resümee, dass Jakob Fugger nicht nur verantwortungsvoller Bauherr war, sondern auch ein innovativer Unternehmer. Diese Verantwortung und Innovation ist laut Nagel auch heute noch möglich: Der Kodex für Baukultur in der Immobilienwirtschaft, der eine Selbstverpflichtung der Immobilienbranche zur baukulturellen Verantwortung enthält, fordere ebendies. Entwickelt wurde der Kodex von der Bundesstiftung Baukultur und dem Institut für Corporate Governance in der deutsche Immobilienwirtschaft ICG.

Paul Johannes Fietz, Vorstandsmitglied der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben stellte den Wohnungsbau bei der BImA vor und fragte, „Kann die BImA auch Fuggereien bauen?“.

Der temporäre Pavillon auf dem Augsburger Rathausplatz, und Veranstaltungsort des Baukulturdialogs wurde vom Büro MVRDV entwickelt. MVRDV-Projektleiterin Christine Sohar stellte das Projekt  vor. Wunsch war es, einen öffentlichen Raum zu schaffen, der kollektiv und individuell erfahrbar sein kann. Die Basis des architektonischen Rahmens bilden die Grundrisse der Fuggerei, die um Modularität und die besondere, skalierte Holzbauweise ergänzt wurden.

Hans-Otto Kraus von der Diakonie München und Oberbayern stellte im Anschluss „Aktuelle Herausforderung für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau“ vor. Laut ihm sind vor allem die Zielsetzung, die Phase „0“ – also eine Grundlagenermittlung vor dem eigentlichen Objektplanung – sowie Kooperationen wichtig. Er schlägt außerdem vor, Kosteneinsparungen durch gleichgroße Fenster und Kabelkanäle vorzunehmen.

Wie sozial und klimagerecht gebaut und investiert werden kann, erläuterte Stefan Geissler, Geschäftsführer des Katholischen Siedlungswerkes in München und Achim Nagel, Geschäftsführer von PRIMUS Developments sprach über das Thema „Kodex für Baukultur konkret“.

Die Teilnehmenden kamen abschließend mit den Referentinnen und Referenten in ein Dialoggespräch über „Neue Verantwortung in der Immobilienwirtschaft“.

Das Resümee des Tages lautet: Die Immobilienwirtschaft trägt in ihrer Aufgabe als Projektentwicklerin, Planerin, Bauherrin und Eigentümerin in besonderem Maße Verantwortung für die Gestaltung unserer Lebensräume. Gleichzeitig bilden baukulturelle Werte und gesellschaftliche Akzeptanz die Basis für wirtschaftlichen Erfolg.

Nach oben