In diesem Jahr beginnt der mehrstufige Prozess der Neugestaltung der Euroscheine. Anders als die Münzen, repräsentieren die Scheine nicht die einzelnen Nationen, sondern die Gesamtheit der Europäischen Union.
Bisher waren die Banknoten mit abstrakten Toren, Fenstern und Brücken verschiedener Stilepochen versehen, die den europäischen Geist der Offenheit und Kooperation sowie die Verständigung zwischen den Menschen symbolisieren sollten. Anders als die meisten Währungen, repräsentiert der Euro nicht nur einen, sondern neunzehn verschiedene Staaten, die sich schwer in nur einer Darstellung zusammenfassen lassen. Deshalb entschied sich der Berliner Designer Reinhold Gerstetter für eine abstrakte Gestaltung des Geldes und vermied so Streitigkeiten über die Wahl spezifischer Motive.
Jetzt soll das europäische Bargeld ein neues Motiv mit mehr Identifikationswert erhalten. Wenn man also keine fiktiven Traditionen neu etablieren möchte, gilt der kommende Wettbewerb der großen Suche nach dem Kern der europäischen Identität. „Was ist europäisch?“ – mit dieser Frage haben sich bereits tausende Menschen auseinandergesetzt, sind jedoch zu keinem klaren Ergebnis gekommen.
Jedes Land hat seine eigene Kultur und Sprache, worauf sich aber alle Europäer verständigen zu scheinen, ist ein ausgeprägtes Bewusstsein für Geschichte und Identität. Doch wie verpackt man das in ein passendes Design? Ist nicht die europäische Stadt die ideale Repräsentation dessen?
Unsere gebaute Umwelt besteht aus Überlagerungen der Zeitschichten und macht so Geschichte sichtbar. Die Qualität des momentanen Banknoten-Designs liegt also genau in der Abstraktion der gewachsenen europäischen Baukultur, die alle Länder der Europäischen Union verbindet. Denn die Menschen Europas haben nicht nur ihre Städte über Jahrhunderte lang gebaut, sie werden auch täglich von diesen Räumen geprägt.