Kulturbauten: Stadt-Bad Gotha

Anstelle eines neuen Spaßbads auf der grünen Wiese hat sich die Stadt Gotha für die Sanierung und Erweiterung ihres Volksbads entschieden – und damit bewiesen, dass historische Bausubstanz durchaus mit den Anforderungen moderner Daseinsvorsorge verbunden werden kann.

Der Jugendstilbau diente bis zur Wende als städtische Schwimmhalle und wurde nach dem Verkauf an einen Privatinvestor geschlossen. Danach stand das Gebäude leer und verfiel, bevor es durch die Stadt Gotha und Veauthier Meyer Architekten reaktiviert wurde. Seit 2014 können Besucherinnen und Besucher nun unter der Jugendstil-Kuppel baden oder im neuen Sportbecken ihre Bahnen ziehen.

An die historische Schwimmhalle gliedern sich westlich und östlich Neubauten an, die die Saunalandschaft sowie Sport- und Lehrbecken beherbergen. Diese Kuben setzen sich durch eine klare, aber zurückhaltende Form vom Altbau ab und öffnen sich durch große Glas- und Fensterflächen zur Stadt hin. Im Innern bilden die verschiedenen Bereiche indes eine Einheit: Als Bindeglied dient die breite Treppenanlage zwischen den alten und neuen Gebäudeteilen, die gleichzeitig als Tribüne und Aufenthaltsbereich genutzt wird.

Bei der Sanierung des Bestands wurde darauf geachtet, den Charakter des denkmalgeschützten Baus bestmöglich zu wahren: Erhaltene Fliesen und Bodenbeläge wurden, soweit möglich, nach historischem Vorbild restauriert. Die Farbgestaltung orientiert sich ebenfalls an historischen Befunden.

Was das Stadt-Bad neben den architektonischen Qualitäten als großartiges Baukultur-Projekt auszeichnet, ist seine städtebauliche und soziale Dimension: Es liegt fußläufig zentral in der Stadt und bietet bei moderaten Eintrittspreisen sowohl Kindern und Erwachsenen als auch Schülern und Vereinen genügend Freiräume für Sport, Spiel und Entspannung. Gleichzeitig zeigt die Gothaer Variante, dass das Bauen im und mit dem Bestand sich auch rechnet: Statistisch liegt das Bad mit 2.321 Euro Baukosten pro Quadratmeter weit unter dem Durchschnitt neu erbauter Bäder.

Text: Sabrina Ginter

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