| Gastbeitrag

Audio: Armin Nassehi spricht über die Grenzen des öffentlichen Raumes

Wo liegen die Grenzen des öffentlichen Raumes? Diese Frage erörterte der Soziologe Armin Nassehi in seiner Festrede während des Winterempfangs der Bundesstiftung Baukultur in der Akademie der Künste. Darin beleuchtete er die Verknüpfungen zwischen physischen, sozialen und digitalen Räumen. Armin Nassehi, dessen Buch „Muster - Theorie der digitalen Gesellschaft im August 2019 erschien, beschrieb dem Publikum eingehend, warum der digitale Raum mehr mit dem gebauten Raum zu tun hat, als wir glauben.

Lesen Sie unten einige Kernthesen aus Professor Nassehis Rede mit dem Titel „Der öffentliche Raum und seine Grenzen. Über physische, soziale und digitale Räume“ oder hören Sie einen Tonmitschnitt der Festrede (aufgenommen in der Akademie der Künste Berlin am 6. Dezember 2019). 

„Die Öffentlichkeit steckt in einer Krise“ - mit dieser These leitete Armin Nassehi seine Festrede ein. „Öffentlichkeit ist zuallererst jedoch als eine moderne Idee zu verstehen, in der Dinge vorkommen, die normalerweise nicht zusammenpassen. Die moderne Gesellschaft und Demokratie sind dabei auf Unterschiedlichkeit in der Öffentlichkeit angewiesen“, so Nassehi weiter. Für Professor Nassehi entsteht derzeit eine Krise in den öffentlichen, sozialen Räumen, da unterschiedliche Problemlösungen scheitern - egal, ob ökonomischer, kultureller oder ökologischer Art.

Unsere Struktur des sozialen Raumes könne seiner Auffassung nach daher Unterschiedliches nicht mehr zusammenbringen. Seine These: Dies liege vor allem am digitalen Raum. Laut Nassehi ist der digitale Raum ein großes Sozialexperiment, dessen niedrigschwelliger Zugang für ihn zur Entzivilisierung der gesellschaftlichen Kommunikation beigetragen habe. „Denn zivilisierter Umgang heißt auch, dass man nicht immer sagt, was man denkt“, so der Soziologe. Für ihn wirke die Form digitaler Öffentlichkeit nun in die Wirklichkeit öffentlicher Räume und beeinflusse das soziale Zusammenleben. Die Art der digitalen Räume definiere derzeit die Form des Sagbaren, so Nassehi.

Jeder kann sagen was er will und das sogar sichtbar. Und das produziert öffentliche Räume, in denen Sie kaum mehr in der Lage sind, die Dinge ungebrochen von allem möglich Sagbarem zu diskutieren.

Die komplexen Verflechtungen von physischen, sozialen und digitalen Räumen müssen für Nassehi auch in der Baukultur und den gebauten Räumen berücksichtigt werden. Insofern stünden die Akteure der Baukultur vor großen Herausforderungen. Jedoch könne der gebaute Raum für ihn nicht allein dazu beitragen, die Öffentlichkeit wieder zusammenzuführen. Vielmehr stünde die gesamte Gesellschaft in der Pflicht, das Miteinander zu leben.

Lesen Sie mehr über den Baukulturbericht 2020/21 zum Thema öffentliche Räume, der im Sommer 2020 veröffentlicht wird.

Text: Johannes Buzin

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