Baukulturwerkstatt „Infrastruktur und Elemente öffentlicher Räume“

© Martina Goyert für die Bundesstiftung Baukultur
Begrüßung im Spanischen Bau in Köln zur Baukulturwerkstatt „Infrastruktur und Elemente öffentlicher Räume“

Es lohnt sich, in Straßen, Plätze, Parks und Freiflächen zu investieren, denn von einer funktionierenden und gut gestalteten Umgebung profitieren alle. Und nicht selten gibt ein gelungenes Projekt im öffentlichen Raum den Anstoß für eine strategische, langfristige Stadtentwicklung. Wie das in der Praxis aussehen kann, hat die Baukulturwerkstatt „Infrastruktur und Elemente öffentlicher Räume“ in Köln am 13. und 14. Mai gezeigt. Anhand von Beispielen aus ganz Deutschland wurden Themen wie Mobilität, Sicherheit, Gestaltungsrichtlinien und interdisziplinäre Zusammenarbeit bei Projekten im öffentlichen Raum diskutiert. An der Veranstaltung im Wallraf-Richartz-Museum nahmen rund 100 Akteure aus Architektur und Ingenieurwesen, Kommunen und Initiativen teil.

Bei zwei geführten Stadtspaziergang durch Köln konnten die Teilnehmenden die historischen Schichten der Domstadt erleben. Entlang der geplanten Via Culturalis führte Tour 1. Die Via Culturalis ist ein wichtiger Kulturpfad in der Kölner Innenstadt. Auf einer Strecke von knapp 800 Meter lässt sich die 2.000-jährige Stadt-, Stadtbau- und Architekturgeschichte Kölns erleben. Ein Gestaltungskonzept, das in der Baukulturwerkstatt später vorgestellt und diskutiert wurde, soll den öffentlichen Raum der Via Culturalis noch stärker als Einheit erkennbar machen. Tour 2 führte zum Dom mit Blick auf den Rheinboulevard auf der Deutzer Seite. Erläutert wurde die Umgestaltung der Domumgebung, die den Dom als Kölner Wahrzeichen zu mehr Präsenz verhelfen und den Aufenthalt rund um den Dom für die Menschen angenehmer machen soll.

Nach den Spaziergängen begrüßten Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, vor dem Kölner Stadtmodell im Spanischen Bau. Die Begrüßung im Wallraf-Richartz-Museum übernahm Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer, die als Kooperationspartnerin die Baukulturwerkstatt Köln unterstützte. Kammeyer unterstrich die Bedeutung der Ingenieure für die Baukultur und plädierte dafür, dass Ingenieure noch selbstbewusster in der Öffentlichkeit auftreten: „Es ist wichtig, dass man in der Gesellschaft sichtbar wird.“ Er warb für Berufe im Ingenieurwesen: „Ingenieure lösen Probleme, das ist eine sehr kreative Tätigkeit.“ Das sei wichtig, zu betonen, um insbesondere auch Mädchen für den Beruf zu gewinnen. Diese tendierten oft eher in Richtung Architektur.

Die Abendvorträge fokussierten unterschiedliche Aspekte zum Thema „Öffentliche Räume“: Es ging um Gestaltungsrichtlinien und Kommunikationskonzepte (Via Culturalis) sowie Teilhabe und Beteiligungsprozesse (Reaktivierung von drei Plätzen in Köln-Chorweiler, beide Projekte vorgestellt von Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes Köln). Konrad Rothfuchs, Argus Stadt und Verkehr, sprach über Mobilitätskonzepte und ihre Auswirkung auf öffentliche Räume. Er plädierte für einen geringen Anteil an Individualverkehr und einen starken ÖPNV als Basis fußgängergerechter Quartiere. Prof. Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und Sprecher des Forschungszentrums RISK - Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt der Universität der Bundeswehr München, beleuchtete Fragen der Sicherheit im öffentlichen Raum und bauliche Möglichkeiten zur Abwendung von Gefahren. Ingenieurtechnische Möglichkeiten zur Gestaltung ganz neuer öffentlicher Räume stellte Dr. Matthias Kahl von Grundbauingenieure Steinfeld und Partner vor, indem er den Inselbau für den Baakenpark in Hamburg erläuterte. Hier wurde frühzeitig in öffentliche Räume für Erholung und Freizeit investiert, um das neue Quartier attraktiv zu machen: Der Park entstand noch vor dem Bau von Gebäuden.

Am zweiten Tag, dem Werkstatttag, boten Impulsvorträge an offenen Werkstatttischen einen Einblick in Projekte zum Thema „Öffentliche Räume“ aus ganz Deutschland, darunter Hannover (Welfengarten, Busstops), Wernigerode (Natureisstadion Feuerstein Arena) und Lahr (Ortenaubrücke). Zudem wurde das Handbuch zur Gestaltung von urbaner Straßenbahninfrastruktur vorgestellt. An den Tischen hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, mit den Referentinnen und Referenten zu diskutieren und ihre eigenen Erfahrungen bei der Gestaltung öffentlicher Räume und Infrastrukturen einzubringen.

Aus den Diskussionen an den Werkstattischen kristallisierten sich folgende Anforderungen im Umgang mit öffentlichen Räumen heraus:

  1. Harmonische Gestaltung: Angesichts der Heterogenität des öffentlichen Raums, insbesondere durch technisches Mobiliar, Schilder etc… ist Kommunen eine Gestaltungssatzung zu empfehlen.
  2. Mehr Geld für Pflege: Die kontinuierliche Pflege der öffentlichen Räume ist enorm wichtig. Hierfür sollte kontinuierlich mehr Geld investiert werden, anstatt Schäden aufwändig erneuern zu müssen.
  3. Weg vom flächenintensiven Individualverkehr: Ein mutiger Mobilitätsumbau ist erforderlich, um zu menschengerechten Quartieren mit fußläufigen Distanzen zu kommen. Hier lohnt ein Blick nach Frankreich und in die Niederlande.
  4. Nutzerzentrierte Funktionalität: Der zur Verfügung stehende öffentliche Raum ist eine knappe Ressource und sollte daher für alle funktionieren und rollengerecht gestaltet sein.
  5. Moderieren und Strukturieren: Stadtentwicklung ist die Moderation verschiedener Interessen, der Prozessstruktur eine Ordnung zu geben, ist für eine gute Qualität der Gestaltung notwendig.
  6. Verantwortung leben: Es braucht verlässliche Strukturen. Zuständige Institutionen, Abteilungen, Experten, sollen sich als verantwortlich Handelnde verstehen und zeigen.
  7. Kommunale Aufgaben wahrnehmen: Mobilität und Gestaltung des öffentlichen Raumes ist Pflichtaufgabe der Kommunen, hier gilt es, intersektoral und interdisziplinär zu denken. Öffentlicher Raum muss im kommunalen Eigentum sein und bleiben.
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