Spielraum in Leutenbach
Was der Ort hergibt
In Leutenbach kann man die Gegensätze direkt nebeneinander sehen: Hier ein ehemaliger Bauernhof, der einst am Ortsrand lag; daneben monotone Einfamilienhausgebiete, die sich wie Wachstumsringe ausdehnen. Doch statt sich dort anzusiedeln, kaufte eine Familie eine Hälfte des baufälligen Wohnhauses des Gehöfts – für nur 102.000 Euro im Stuttgarter Ballungsraum – und ließ es abreißen. Der Neubau in gleicher Größe von Stocker Architekten aus Remshalden kostete 192.000 Euro, was durch den Verzicht auf einen hochwertigen Innenausbau und die Verwendung industrieller oder wiederverwerteter Materialien möglich wurde.
Der unbeheizte große Raum im Erdgeschoss dient als Garage, Werkstatt und Abstellfläche. Seine Fassade besteht aus Abfallbrettern. Konstruiert wurde das Haus aus Stahlbeton-Halbfertigteilen und für den Industriebau gedachten Blech-Sandwichelementen für die Gebäudehülle, die innen wie außen unverkleidet blieben. Als Balkon stellte man eine alte Maschinenbühne an das Haus. Weil auf materiellen Komfort verzichtet wurde, konnte technisch und energetisch optimiert werden, etwa mit einer Fußbodenheizung und einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Entstanden ist ein 180 Quadratmeter großes Einzelstück mit Charakter, das günstiger ist als die gestalterische Standardware im benachbarten Neubaugebiet. Das Haus verleugnet seine ländliche Herkunft nicht, sondern interpretiert sie zeitgenössisch mit einem typisch ländlichen Gestaltungsansatz: pragmatisch und einfallsreich. So ist in Leutenbach zu besichtigen, dass es auch im Speckgürtel der Metropolen noch Spielräume für das Wohnen im Bestand gibt.
Rubrik | Wohnen Innenentwicklung |
Region | Baden-Württemberg |
Bauherr | Lorena und Johannes Müller |
Planung | Architektur |
Fertigstellung | 2016 |
Größe / Fläche | 180 qm |
Baukosten | 294.000 Euro |