Hamburg

Freiräume aktivieren ein neues Quartier

© Bundesstiftung Baukultur, Foto: Andreas Meichsner
© Bundesstiftung Baukultur, Foto: Andreas Meichsner
© Bundesstiftung Baukultur, Foto: Andreas Meichsner

Wie eine emporgestiegene Vulkaninsel ragt der Baakenpark aus dem langen Becken des ehemaligen Baakenhafens im Osten der HafenCity. Umso eindrücklicher ist die Erscheinung, weil rundherum noch freie Flächen sind. Hier wurde also nicht der Fehler begangen, den Hochbau vor den öffentlichen Räumen zu beginnen. Auch weil sich in der Nähe noch eine temporäre Flüchtlingsunterkunft befindet, wird der Park bereits genutzt. Gedacht ist er als Zentrum eines neuen Quartiers beiderseits des Hafenbeckens, das auch Gering- und Normalverdienern Wohnraum bieten soll. Die expressive Baakenparkbrücke (gmp Architekten, Knippers Helbig Tragwerksplanung) schafft eine Verbindung für Fußgänger und Radfahrer und trägt auf der Unterseite Versorgungsleitungen.

Der poetische Parkentwurf von Atelier Loidl aus Berlin überzeugte schon im Wettbewerb 2012 als „Sehnsuchtsort“, als verspielte Wildnis mit prägnanter Topografie, die die Geradlinigkeit der Kaimauern aufbricht. Auf nur 1,6 Hektar, die sich zum Hochwasserschutz auf unterschiedlich hohe Plateaus verteilen, bietet sich eine überraschende Vielfalt an Landschaftsräumen und Nutzungsangeboten. Auf dem westlichen Plateau lädt als großes Holzmöbel das „Inselsofa“ ein. Der Spielplatz dahinter wurde als Ergebnis von Kinder-Workshops mit Holzbalken und -kisten zum Thema Treibgut gestaltet. Er umringt ein Kleinspielfeld für Fußball und Basketball, das auch von der zukünftig benachbarten Grundschule genutzt werden kann – ebenso die 100-Meter-Laufbahn, an die sich als Ausbuchtung ein rundes Streetball-Feld anschließt. Hier wird die Überlappung und Gleichzeitigkeit von Nutzungen besonders deutlich: Höhenunterschiede werden genutzt, um Laufbahn und Spielfeld von den Wiesen abzugrenzen oder um darauf Halbkugeln anzuordnen, die als Sitzmöglichkeiten eine informelle Arena bilden.

Das mittlere, etwas landschaftlichere, Plateau bietet eine Picknickwiese mit Obstbäumen alter Sorten, hohe „Himmels- schaukeln“, Fitness-Geräte sowie eine Tribüne mit Blick auf das Hafenbecken und eine optionale Veranstaltungsfläche. Das östliche Plateau befördert eher die Kontemplation. Hier kann der 15 Meter hohe „Himmelsberg“ bestiegen werden; über eingeschnittene Treppen aus vorgerostetem Stahl, die an die Materialität der Kaimauern erinnern. Als begrünter Pyramidenstumpf mutet der Berg fast surreal an, was durch Gräsermatten erreicht wurde, die von einer stählernen Bewehrung gehalten werden.

Die vor die alte Uferwand ins Hafenbecken gesetzte Grünanlage erspart die Kosten für die Kaimauersanierung. Technisch anspruchsvoll – vor allem angesichts ständig wechselnder Wasserstände – war dann die Aufschüttung des Parks insgesamt, die durch die Hamburger Grundbauingenieure Steinfeld und Partner geplant wurde. Für die Stabilität (auch im Fall eines Schiffsanpralls) sorgen Stahlbetoneinfassungen an der Basis, Gabionen sowie Gittereinlagen in mehreren Ebenen. Als Auffüllung konnten 350.000 Kubikmeter Elbsand genutzt werden, die flussaufwärts bei einer Ausbaggerung der Fahrrinne anfielen. Der kurze Transport per Schiff sparte über 10.000 Lkw-Fahrten und einen erheblichen Geldbetrag ein. Von den Arbeiten der Hamburg Port Authority hatten die Planer allerdings nur per Zufall erfahren, was generell deutlich macht, wie wichtig die Kommunikation kommunaler Akteure untereinander ist.

Oberhalb der umlaufenden Steinschüttung wurde ein Schilfgürtel angelegt und unter Wasser Gabionen platziert, die als künstliches Riff besiedelt werden können. Mit seinen zerklüfteten und flacheren Ufern ist der Baakenhafen gegenüber den geradlinigen Kaimauern, die bis zu elf Meter senkrecht abfallen, also ein ökologischer Gewinn. Weil schon ältere Bäume gepflanzt wurden, erschien er von Anfang an als natürlicher Ort, der wegen seiner Dichte an Atmosphären größer wirkt, als er ist. Jedes Plateau eröffnet neue Perspektiven. Der Baakenpark ist kaum als Ganzes zu erfassen, sondern will selbst entdeckt werden.

Planning period 2012-2018
Architect / planner

Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Berlin; Grundbauingenieure Steinfeld und Partner Beratende Ingenieure, Hamburg

Planning partners HafenCity Hamburg GmbH
Size / area 1,6 ha
Building costs (gross) 15 Mio. Euro
Uses Freiraum
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