Baukulturwerkstatt in Berlin 2025

Gestalten – es ist nicht egal, wie’s aussieht!

Zur ersten Baukulturwerkstatt 2025 “Gestalten - es ist nicht egal, wie's aussieht!” hat die Bundesstiftung in Kooperation mit dem Aedes Metropolitan Laboratory am 26. und 27. Februar nach Berlin eingeladen. Die Baukulturwerkstatt ging der Kernaufgabe von Bauschaffenden nach – der Gestaltung. Die Veranstaltung begann mit der Frage: Was ist eigentlich gute Gestaltung?

Lebensräume sind das Ergebnis vielfältiger Gestaltungsansätze, die neben der ästhetischen Auseinandersetzung des Menschen mit dem gebauten Raum die Politik, die Verwaltung, die Bauindustrie, die Bauwirtschaft und das Handwerk miteinschließen. So ist die blau-grüne Infrastruktur zum Beispiel nicht nur als Klimafolgeanpassung erforderlich, sondern Gestalterin von Lebensqualität, sozialer Gerechtigkeit und Gesundheit. Der Paradigmenwechsel zum Umbau produziert neue und ungewohnte ästhetische Ansätze und Prinzipien in Planung und Bau. 

Eine gute Gestaltung ist nicht nur im Sinne einer hohen Baukultur bedeutsam, sondern erzielt eine höhere Akzeptanz von Projekten in der Bevölkerung, verlängert die Lebensdauer von Bauwerken und Freiräumen und wirkt sich positiv auf die Kosteneffizienz von Maßnahmen aus. Wie wertvoll eine gute Gestaltung für die psychische und mentale Gesundheit ist, wird dabei immer noch nicht ausreichend berücksichtigt. Synergien in den Bereichen Medizin, Neurowissenschaft und Wirtschaft müssen breiter in der Öffentlichkeit kommuniziert und etabliert werden. 

Nicht zuletzt beschäftigte sich die Baukulturwerkstatt mit der Frage, wie Gestaltung stärker in den Prozess über alle Leistungsphasen hinweg verankert werden kann – einschließlich der Phase Null und der Phase Zehn. Wie kann die Zusammenarbeit der am Planen und Bauen Beteiligten durch eine gemeinschaftliche Verständigung auf Gestaltungsziele verbessert werden? Inwiefern können Aspekte von Gestaltung Hebel und Motor in der Projektentwicklung werden? Welche Potenziale, Chancen und Herausforderungen für unsere Gesellschaft liegen in der Gestaltung, und nach welchen Parametern findet sie heute statt?

+++ Eine Zusammenfassung sowie Fotos der Veranstaltung finden Sie unter dem Reiter “Dokumentation”. +++

Programm

Mittwoch, 26. Februar 2025 – Auftakt Baukulturwerkstatt



Moderation: Carolin Kleist, Bundesstiftung Baukultur

14.30 UhrEintreffen
15 Uhr

Begrüßungen und Auftakt Baukulturwerkstatt
Dunya Bouchi, Managing Director Aedes Metropolitan Laboratory


Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur

15.20 Uhrdesign + experience
Louisa Hutton, Sauerbruch Hutton
15.40 UhrGesundheit gestalten
Prof. Dr. Tanja C. Vollmer, Kopvol architecture & psychology 
16 UhrGestaltungshoheit?
Alexander Poetzsch, Alexander Poetzsch Architekten
16.20 UhrKaffeepause
16.45 Uhr

Debatte und Dialog

Gesprächsleitung Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur

17.45 UhrKeynote
Prof. Dr. Michael Heinrich, Hochschule Coburg
18.30 UhrApéro und Ausklang
ca. 21 UhrEnde der Veranstaltung

 

Donnerstag, 27. Februar 2025 – Werkstatttag

 

9 UhrEintreffen
9.30 UhrBegrüßung und Zusammenfassung des Vortags
Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur
9.45 Uhr

Neun Impulse für die Werkstatttische (à 5 Minuten)

Beiträge durch die unten genannten Werstatttisch Gäste

10.45 UhrÜbergang zu den Werkstatttischen
11 Uhr

Diskussion an den Werkstatttischen

Werkstatttisch 1 „Städtebau & Freiraumarchitektur“

Moderation: Inga Glander, Bundesstiftung Baukultur

 

Marc Pouzol, atelier le balto
Prof. Wilfried Kuehn, Kuehn Malvezzi
Frank Otto, C.F. Møller Architects

 

Werkstatttisch 2 „Bauwerk und Gebäude“

Moderation: Bettina Preuße, Bundesstiftung Baukultur 

 

Jun.-Prof. Max Otto Zitzelsberger, Max Otto Zitzelsberger Architekten
Eike Becker, Eike Becker_Architekten
Prof. Björn Martenson, AMUNT

 

Werkstatttisch 3 „Form und Detail“ 

Moderation: Leonie Ederer, Bundesstiftung Baukultur

 

Ulrike Brandi, Ulrike Brandi Licht
Claudia Meixner, MEIXNER SCHLÜTER WENDT
Prof. Niklas Fanelsa, Atelier Fanelsa

13 UhrMittagspause
14 UhrErgebnisse der Werkstatttische im Plenum
14.45 Uhr

Fazit

Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur

15 UhrKaffee zum Ausklang
15.30 UhrEnde der Veranstaltung

Dokumentation

Wie sieht gute Gestaltung aus? Diese zentrale Frage stellte die Bundesstiftung Baukultur mit ihrer Baukulturwerkstatt am 26. und 27. Februar in Kooperation mit dem Aedes Metropolitan Laboratory in Berlin, an der rund 100 Menschen teilnahmen. Die Baukulturwerkstatt war die erste im Rahmen des Arbeitsprozesses zum kommenden Baukulturbericht 2025/26 der Bundesstiftung Baukultur mit dem Schwerpunkt „Gestalten“. Die Ergebnisse der Veranstaltung fließen in den Bericht ein.

„Wir gestalten als Bauschaffende die Alltagswelt und haben somit maßgeblichen Anteil an der Lebensqualität der Menschen“, sagte Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur. „Viele Menschen begegnen uns Bauschaffenden mit der Frage, warum denn ‚das alles so nüchtern aussieht, wie es aussieht‘. Die Bundesstiftung nimmt dies zum Anlass, für die erste Werkstatt und mit Blick auf den nächsten Baukulturbericht, die Gestaltungskriterien, aber auch die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für gute Gestaltung zu hinterfragen und auszuloten, wie es vielleicht besser ginge.“

Das bauliche und räumliche Gestalten als Kernaufgabe der planenden Disziplinen stand im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung. Kurzfazit: Wie unsere Lebenswelt aussieht, hat einen unmittelbaren Einfluss auf unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und das Gelingen gesellschaftlichen Zusammenlebens – Räume prägen Menschen! Baustile mögen heute nicht mehr eindeutig sein. Gestaltung ist dennoch keine Geschmacksfrage und Begriffe wie „gut gestaltet“ oder „Schönheit“ sind weniger subjektiv als gedacht. Die Kenntnis klassischer Gestaltungslehren, das sensible Austarieren menschlicher Bedürfnisse wie Geborgenheit vs. Offenheit und das Bewusstsein für den gestalterischen Kontext einer Bauaufgabe sind nur einige Beispiele für die fachliche Befähigung durch Ausbildung und Erfahrung. Es ist Aufgabe der planenden Disziplinen, für eine gute Gestaltung einzustehen. Wir brauchen deshalb einen gesellschaftlichen Konsens, dass die Gestaltung unserer gebauten Umwelt keine Privatsache ist. 

Nach den Begrüßungen durch Reiner Nagel und Dunja Bouchi, Managing Director des Aedes Metropolitan Laboratory, stellte Louisa Hutton, Gründerin des Architekturbüros Sauerbruch Hutton, in Ihrem Vortrag „design + experience“ sechs Empfehlungen („hints“) vor, die aus Ihrer Sicht für Gestaltende essentiell sind, um sich inspirieren zu lassen und einen ganzheitlichen Gestaltungsansatz verfolgen zu können:   

  1. remember what you’ve been taught
  2. remember what you’ve seen and experienced in the flesh
  3. inspiration through drawings, art, models, book, everyday life
  4. re-read meaningful texts
  5. re-visit inspiring places
  6. constant awareness of what you`re experiencing and how this relates to architecture

Der Dresdner Architekt Alexander Pötzsch fragte in seinem anschließenden Vortrag „Gestaltungshoheit?“ nach der heutigen Rolle der Architektin und des Architekten. Pötsch betonte, dass er mit seinem Büro das Motto „Haltung vor Handschrift“ verfolge. „Wir zeigen Visionen, wir machen Lust, wir stellen die richtigen Fragen und wir moderieren“, fasste er aus seiner Sicht die Aufgaben der Architektinnen und Architekten zusammen.

Die Keynote hielt Prof. Dr. Michael Heinrich vom Institut „Mensch & Ästhetik“ der Hochschule Coburg: „Ästhetik in gebauten Lebenswelten I Wie Menschen ihre Welt erleben“. Er sprach darin unter anderem über die Bedeutung der menschlichen Grundbedürfnisse und Emotionen für die bauliche Gestaltung. Es komme darauf an, diese Bedürfnisse in Kommunikation mit den Nutzenden auszuloten und entsprechend in der Gestaltung zu berücksichtigen. Man bewege sich jedoch stets in einem Spannungsfeld komplexer Bedürfnisse, die es je nach Bauaufgabe, kulturellem und gesellschaftlichen Kontext neu auszutarieren gelte.Der Komplexitätsgrad sei hierbei entscheidend und die Behauptung „less is more“ nicht automatisch zutreffend für gute Gestaltung. Generell sprächen antropomorph gestaltete Bauwerke und Analogien zur Natur die emotionale Ebene direkt an, was insbesondere, aber nicht nur, für die Gestaltung von Gesundheitsbauten von großer Bedeutung sei.

Am zweiten Tag stand die Arbeit an den Werkstatttischen mit allen Teilnehmenden im Fokus. Es ging dabei um die Gestaltung auf verschiedenen Maßstabsebenen. Unter der Überschrift „Städtebau und Freiraumarchitektur“ gaben Marc Pouzol, atelier le balto und Prof. Wilfried Kuehn, Kuehn Malvezzi sowie Frank Otto, C.F. Møller Architects kurze Impulse, die an Werkstatttisch 1 weiter diskutiert wurden.

„Bauwerk und Gebäude“ war das Thema für Werkstatttisch 2 mit Impulsen von Eike Becker, Eike Becker_Architekten, und Prof. Björn Martenson, Amunt

An Werkstatttisch 3 diskutierten die Teilnehmenden nach Impulsen von Ulrike Brandi, Ulrike Brandi Licht, Claudia Meixner, Meixner Schlüter Wendt, und Prof. Niklas Fanelsa, Atelier Fanelsa zum Thema „Form und Detail“.

Reiner Nagel fasste die wichtigsten Erkenntnisse und Anregungen der zweitägigen Werkstatt abschließend zusammen:

  • Gestaltung als Begriff muss für alle Bauschaffenden (neu) aufgeladen und etabliert werden.
  • Wirksame Argumente für gute Gestaltung sind: Sichtbeziehungen schaffen, Vielschichtigkeit fördern, Relevanz der sinnlichen Wahrnehmung (Detail erkennen), auf Qualität der Aneignung zielen (Funktion)
  • Gute Gestaltung passiert aus der Landschaft heraus und berücksichtigt den Kontext/Makrostandort und die „Goldene Energie“.
  • Resonanzen, Interferenzen, Haloringe haben eine ästhetisch-sinnliche Dimension
  • Der Begriff „vielversprechender Rohbau“ zeigt: Die Weichen für eine gute Gestaltung werden in der Kostengruppe 300 gelegt.
  • Gestaltung braucht gute Zusammenarbeit und kompetente Entwerfende: Die Lust auf das Gestalten sollte alle Beteiligten verbinden.
  • In der Frage, wie ein gutes Leben für alle möglich sei, sind eine neue Gemeinwohlorientierung und genossenschaftliches Gestalten gefragt.
  • Nachhaltiges Gestalten und Bauen sollte zu einem neuen Wertekern werden.
  • Gestaltung sollte auch als Wertesystem Eingang in die Bauindustrie finden (z.B. in DIN Normen).
  • Es braucht Gestaltungsregeln, Beiräte, (neue) kooperative Wettbewerbsverfahren.
  • „Gestalten“ ist ein substanzielles und bedeutendes Thema für den kommenden Baukulturbericht.

 

Baukulturwerkstätten

Baukulturwerkstatt in Berlin 2025

Termin

26.02.2025, 15.00 Uhr – 27.02.2025, 15.15 Uhr

Ort

Aedes Architekturforum
Christinenstr. 18-19
10119 Berlin

iCal-Download

Partner

  • Logo
Nach oben