Die Gewinner stehen fest!

© Stefan Meyer

Die Neue Bücherei in Gundelsheim, das Seminar- und Bildungshaus der KZ Gedenkstätte Flossenbürg sowie WERK3 im Werksviertel München werden für ihren vorbildlichen Umgang mit bestehender Bausubstanz in Bayern ausgezeichnet. Anerkennungen gehen an neun weitere Projekte. WERK3 erhält zusätzlich den Bayerischen Staatspreis für Bauen im Bestand 2021.

Bis zum Schluss war es spannend, wer in dem mehrstufigen Verfahren die Jury überzeugen konnte. Am 29. Juli 2021 wurden im Haus der Architektur in München die Gewinnerinnen und Gewinner des Preises für „Bauen im Bestand 2021“ via Live-Stream bekanntgegeben und von Kammerpräsidentin Prof. Lydia Haack sowie Ministerialdirigent Dr. Rolf-Dieter Jungk, Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, persönlich ausgezeichnet. 

Den Preis lobt die Bayerische Architektenkammer unter der Schirmherrschaft des Baye­ri­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums für Wis­sen­schaft und Kunst und in Kooperation mit der Bun­des­s­tif­tung Bau­kul­tur zum zwei­ten Mal aus­. Ausgezeichnet werden Werke, Bauherrinnen und Bauherren sowie Planerinnen und Planer, die mit zukunfts­wei­sen­den archi­tek­to­ni­schen Kon­zep­ten sowohl die Geschichte des Bestands wie auch deren graue Ener­gie in beson­de­rem Maße berück­sich­ti­gen und sich damit um einen vor­bild­li­chen Umgang mit beste­hen­der Bau­sub­stanz ver­dient gemacht haben. Ein Preisträger-Projekt wird von der Bayerischen Staatsregierung zusätzlich mit dem Bayerischen Staatspreis für Bauen im Bestand 2021 geehrt. 

„Die eingereichten Projekte zeigen, wie vielfältig und innovativ Bauen im Bestand in Bayern sein kann. Sie zeigen auch, wie leistungsstark unser Berufstand auf diesem Gebiet ist und welche hervorragenden Ergebnisse gemeinsam mit mutigen Bauherrinnen und Bauherren möglich sind. Alle heute ausgezeichneten Projekte haben sich beispielhaft mit bestehender, ortsbildprägender Bausubstanz auseinandergesetzt. Sie haben Charakteristika der örtlichen Siedlungsstruktur zu neuem Leben erweckt und Altes davor bewahrt, in Vergessenheit zu geraten und damit für nachfolgende Generationen ein Stück Tradition und Heimatgeschichte bewahrt.“ so Prof. Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, anlässlich der Preisverleihung.

Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler, der eine Video-Botschaft an die Teilnehmenden richtete, betonte: „Die Preisträgerinnen und Preisträger zeigen vorbildliche Lösungen im Bereich der Erschließung von Wohnraum, des nachhaltigen Bauens und zur Bewältigung des Klimawandels. Alle Nominierten haben historische Gebäude an die Ansprüche unserer modernen Gesellschaft angepasst und sie so in die Zukunft geführt. Dabei zollen ihre Projekte dem Ursprung und der Geschichte dieser Bauten den verdienten Respekt. Dafür möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen. Allen Preisträgerinnen und Preisträgern gratuliere ich sehr herzlich zu den verdienten Auszeichnungen.“

Die Preise für „Bauen im Bestand“ sowie Anerkennungen werden in drei Kategorien verliehen. In die Kategorie 1 fallen Gebäude, die ursprünglich vor 1900 errichtet wurden,  Kategorie 2 berücksichtigt Gebäude, die zwischen 1900 und 1945 entstanden sind und Kategorie 3 solche, die aus den Jahren 1945 bis 1985 stammen. Alle Gebäude wurden in den letzten fünf Jahren saniert bzw. umgebaut. Die Gebäude können unter Denkmalschutz stehen, müssen es aber nicht. Die Preise sind mit jeweils 6.000 € dotiert, die Anerkennungen mit 1.250 €.  Die Preisträger-Projekte sind künftig an der im Rahmen der Preisverleihung übergebenen Plakette mit der Aufschrift „Preis Bauen im Bestand“ öffentlich zu erkennen.

 

Mit dem Preis für „Bauen im Bestand 2021“ werden ausgezeichnet:

  • In der Kategorie 1 das Projekt „Haus, Stall, Scheune: Neue Bücherei Gundelsheim (Oberfranken) von Schlicht Lamprecht Architekten, Bauherrin: Gemeinde Gundelsheim.

Die Jury lobt das außergewöhnliche Engagement der Landgemeinde Gundelsheim, die mit dem ausgebauten Bildungsangebot die Lebensqualität vor Ort verbessert und im Internetzeitalter dadurch Zeichen setzt, dass sie eine Bücherei zum zentralen sozialen Treffpunkt macht. Schlicht Lamprecht Architekten haben aus dem Bestand konsequent ein Haus-im-Haus-Konzept entwickelt. Neben der hervorragenden Qualität des neu geschaffenen, identitätsstiftenden Ensembles lobte die Jury besonders die gut gestalteten Übergänge vom Straßenraum zum Vorhof bis hinein in die Bibliothek. (Ira Mazzoni, Jury-Mitglied)

Link zum Preisträger-Video (zur Ansicht bitte anklicken)

 

  • In der Kategorie 2 das Projekt „Seminar- und Bildungshaus, KZ Gedenkstätte Flossenbürg (Oberpfalz), Juretzka Architekten Part mbB, Bauherrin: Stiftung Bayerische Gedenkstätten, vertreten durch das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach, Weiden

Die Jury lobt das stringent umgesetzte Architekturkonzept, das es ermöglicht, einen belasteten und belastenden Ort neu wahrzunehmen und nicht nur für den Geschichts-unterricht, sondern auch für aktuelle gesellschaftliche Diskurse zu nutzen. Ausdrücklich wurde begrüßt, dass es Juretzka Architekten gelungen ist, das ehemalige SS-Casino zu einem positiven Ort der Begegnung und des Austausches umzubauen. Die aus dem massiven Sockel herausgeschobenen, großflächig verglasten Seminarräume bieten die für ein Bildungshaus nötige Distanz und zugleich die stete Rückbindung an die Flossenbürger KZ-Topografie. (Ira Mazzoni, Jury-Mitglied) 

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  • In der Kategorie 3 das Projekt „WERK3 Werksviertel München“ von steidle architekten Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH, Bauherr: OTEC GmbH & Co KG, München 

Im Werksviertel jenseits des Münchner Ostbahnhofs entsteht ein Stadtteil, der unkonventionell aus dem industriellen Bestand entwickelt mehr Experiment, mehr Kontrast, mehr vitale Mischung und heterogene Nachbarschaft wagt als üblich. Vor allem aber setzen die Planer von Beginn an auf Nachhaltigkeit. Flaggschiff dieses großstädtischen Projekts ist 
das WERK 3 – eine 100 Meter lange, 30 Meter tiefe und 22 Meter hohe Stockwerksfabrik, in der die Firma Pfanni einst Kartoffelknödel herstellte. Der Riesentanker steht mitten im Gelände quer. Im WERK 3 haben Werner Eckart und steidle architekten den Motor angeworfen, der das Viertel auf Hochtouren bringt. Der Stockwerksfabrik haben sie noch drei Etagen aufgesetzt. Im Westen wurde der lange Gebäuderiegel um rund 20 Meter erweitert. Im Erdgeschoss wurden drei Raumachsen geöffnet, damit eine Passage in Nord-Süd-Richtung durch das Quartier möglich ist. Auf der Nordseite blieb die Laderampe unter erneuertem Vordach erhalten. Ein baugleiches Vordach ließen die Architekten auch auf der Südseite anbringen. Bei der Instandsetzung und Neuerschließung der Fabrik wurde alles getan, um den puren Industriecharakter zu bewahren und um vielfältiges soziales und kulturelles Leben zu ermöglichen. (Ira Mazzoni, Jury-Mitglied) 


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Das Projekt „WERK3 Werksviertel München“ wird von der Bayerischen Staatsregierung zusätzlich mit dem Bayerischen Staatspreis für „Bauen im Bestand 2021“ ausgezeichnet.

 

Mit je einer Anerkennung würdigte die Jury folgende Projekte: 

Kategorie 1:

  • Reaktivierung Vorstadtquartier Berching (Oberpfalz), Kühnlein Architektur, Bauherr: Stadt Berching und Familie Amrhein, Beilngries 
  • Umbau und Sanierung Kramerhaus im Kloster Seeon (Oberbayern), abp architekten und stadtplaner burian-pfeiffer-sandner PartGmbB, Bauherr: Bezirk Oberbayern, Landschaftsarchitektur: Katrin Schulze mit Götze und Hadlich  
  • SheddachHalle – Sanierung und Umbau „Alte Weberei“ Kempten (Schwaben), Hagspiel Stachel Uhlig Architekten Part. mbB, Bauherrin: Sozialbau Kempten Wohnungs- und Städtebau GmbH
  • Sanierung Alte Mälze Lauterhofen (Oberpfalz), Berschneider + Berschneider GmbH Architekten BDA + Innenarchitekten BDIA, Bauherr: Markt Lauterhofen i. d. Oberpfalz, Landschaftsarchitektur: Martin Kölbl, Pilsach

Kategorie 2:

  • Ein Wohnzimmer im Garten, München – Bogenhausen, Und Mang Architektur, Bauherr: Hans Christian Landstorfer, Landschaftsarchitektur: fischer heumann landschaftsarchitekten, München 
  • „Thierschturm“ der Technischen Universität München, Schmidt-Schicketanz Planer GmbH, Bauherr: Freistaat Bayern, Baye­ri­sches Staats­mi­nis­te­ri­ums für Wis­sen­schaft und Kunst, vertreten durch das Staatliche Bauamt München 2

Kategorie 3:

  • Hause M.akeover, Lappersdorf (Oberpfalz), fabi architekten bda PartGmbB, Bauherren: Jürgen und Daniela Meier
  • Generalsanierung Stadthalle Gunzenhausen (Mittelfranken), Haindl+Kollegen Architekten GmbH (LP 1-5), Holzinger, Eberl, Fürhäuser Architekten, Ansbach (LP 6-9); Bauherrin: Stadt Gunzenhausen
  • Revitalisierung Schwanthalerhöhe München, Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH, Bauherrin: Bayerische Hausbau Immobilien GmbH & Co KG 

 

Hintergrund zum Preis

Der bundesweit einmalige Preis „Bauen im Bestand“ wurde 2017 zum ersten Mal verliehen. 
Mit 147 Einreichungen von Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschafts-architekten und Stadtplanern erreichte die Auslobung im Herbst 2020 erneut eine hohe Resonanz. In einem mehrstufigen Verfahren wurden von der Jury aus allen Einreichungen zunächst 56 Projekte für eine sog. Long-List ausgewählt. 27 Projekte der engeren Wahl wurden vonausgewählten Mitgliedern der Treffpunkte Architektur der Bayerischen Architektenkammer in den betreffenden Regionen bereist. Der Jury standen damit beratend zur Seite: Innenarchitekt Thomas Bieber, Architekt Werner Brandl, Architekt und Stadtplaner Sven Großmann, (RosenheimKreis e.V.), Architekt Albert Köberl (2021 verstorben), Architekt Andreas Michel, Architekt Rainer Schlientz, Architektin Barbara Söldner (Architekturforum Miesbacher Kreis) sowie Architekt Benedikt Sunder-Plassmann (Wessobrunner Kreis).

 

Jury Preis „Bauen im Bestand 2021“:

Die Auswahl von Preisen und Anerkennungen erfolgte durch eine hochkarätig besetzte Jury, die das baukulturelle Geschehen in Bayern besonders beobachtet. Ihr gehörten an: 

  • Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer (2016-2021),
  • Prof. Mathias Pfeil, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (Vorsitzender), 
  • Ministerialdirigentin Angelika Kaus, Leiterin Abteilung Kunst und Kultur im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst,
  • Reiner Nagel, Architekt und Stadtplaner, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur 
  • Marion Resch-Heckel, 1. Vizepräsidentin der Bayerischen Architektenkammer (2016-2021), Mitglied im Bayerischen Landesdenkmalrat,
  • Prof. Uta Hassler, Mitglied des Bayerischen Landesbaukunstausschusses (Denkmalpflege und Bauforschung),
  • Ministerialdirigentin Andrea Degl, Leiterin Abteilung Staatlicher Hochbau, Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (bis 2021),
  • Prof. Mario Tvrtkovic, FH Coburg, als Vertreter der Lehre und der Stadtplanung
  • Ira Mazzoni, Architekturjournalistin und Denkmalexpertin,
  • Sabine Wildner, Innenarchitektin, Mitglied des Vorstands der Bayerischen Architektenkammer (2016-2021), sowie
  • Andreas Kotlan, Landschaftsarchitekt, Hager und Partner AG, Berlin und Zürich.
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