Jan-Fedder-Promenade Hamburg

Baukultur macht lebenswichtige Infrastruktur zu vitalen Orten

© Till Budde

Wasser prägt die Freie und Hansestadt Hamburg. Der Tide­hafen rund 100 Kilometer vor der Elbmündung gilt als Tor zur Welt. Handel und Schifffahrt sind entscheidende Wirt­schaftsfaktoren. Dass auf dem Fluss Betrieb herrscht, gehört deshalb zum Selbstverständnis der Stadt und ist eine ihrer Attraktionen. Die Lage so nah an der Mündung birgt aber auch Gefahren. Je nach Windrichtung kann der Sturm Fluten tief in den Mündungstrichter drücken, sodass die Pegel in der Innenstadt weit höher steigen als an der Küste. Durch den Klimawandel ist nicht nur häufiger mit Orkanen zu rech­nen, auch der Meeresspiegel an sich dürfte in Zukunft steigen. Hochwasserschutz ist für Hamburg deshalb existenziell. Eine Katastrophe wie die in der Nacht zum 17. Februar 1962 soll sich nicht wiederholen. Damals brachen bei einer Sturmflut mit Wasserständen von 5,70 Meter über Normalhöhenull (kurz: NHN, das sind 2,10 Meter) die Deiche. Seit August 2013 gelten für öffentliche Wasserschutzanlagen der Stadt ver­schärfte Bemessungswasserstände: Statt 7,30 Meter setzen die Behörden am Niederhafen jetzt bei ihren Planungen 8,10 Meter über NHN an. Alle Deiche und Wasserschutzan­lagen werden seither verstärkt und erhöht. Das ist bei einer Wasserschutzlinie von 103 Kilometern eine enorme Planungs­ und Bauleistung, zumal es gilt, alles landschafts­- und stadtverträglich zu gestalten.

Zur Architekturolympiade lobte die Stadt schon 2006 einen Einladungswettbewerb für den Ersatzneubau der von 1964 bis 1968 errichteten Hochwasserschutzanlage zwischen Baumwall und St. Pauli Landungsbrücken aus. Die Prome­nade auf dem Plateau der Anlage war immer schon eines der beliebtesten Ufer der Stadt. Es liegt außerhalb des für die Öffentlichkeit gesperrten Freihafens, sodass die Menschen hier dem Fluss, dem Hafen und den großen Schiffen nahe­ kommen können. Deshalb forderte der Wettbewerb fast schon selbstverständlich eine neue, stadtbildprägende Pro­menade auf dem Infrastrukturbauwerk, die sich vielfältig nutzen lassen und erstmals Anknüpfungspunkte zum Stadt­gebiet schaffen sollte.

Der am Ende realisierte Siegerentwurf von Zaha Hadid Architects hat die Erwartungen übertroffen. Am Ost­ und Westende steigen Rampen sanft bis auf ein Niveau von 8,90 Meter. Überall, wo Straßen auf die Schutzanlage zulaufen, brechen weite, trichterförmige Treppen die Hermetik auf und schaffen Zugänge aus den angrenzenden Vierteln. Schöner Nebeneffekt der Weitung: Von den tiefer liegenden Straßen scheint es, als promenierten die Menschen oben vor dem Himmel hin und her. Selbst Schiffsaufbauten und Hafenkräne sind dank der Trichter von der Straße aus sichtbar–als beweg­liche Pendants zu den Laternen oben, die selbst an Schiffs­kräne erinnern. Zwischen den Ausbuchtungen zur Stadt liegen zur Elbe hin alternierend Amphitheater, deren Sitzstufen bis auf die Höhe des statistischen Sommerhochwassers zum Fluss hinabführen. Sie sind nicht nur Sonnenbank und Logen­platz am Hafen. Im Osten gleitet der Blick zu Elbphilharmonie und Speicherstadt. Zu Füßen liegen einem der Sporthafen und das Museumsschiff Cap San Diego, am Ufer gegenüber Werften und Terminals, und nach Westen folgt der Blick den großen Schiffen Richtung Meer. Das ist großes Theater im besten Sinne: maritim, urban und sehenswert. Die Buchten zu beiden Seiten geben dem Weg oben auf dem Plateau sei­nen natürlichen Schwung. Nie wird die Promenade schmäler als zehn Meter, sodass die Fußgängerströme immer genug Platz haben. Ein Café auf zwei und ein Restaurant auf drei Ebenen mit Panoramafenster sind in das Hochwasserschutz­bauwerk integriert und von der Straße aus zugänglich. Im Innern der monumentalen Anlage sind zudem eine Garage und ein Lagerraum für die Deichverteidigung untergebracht, der auch für Veranstaltungen genutzt werden kann.

Rubrik Freiraum
Infrastruktur
Öffentliches Bauen
Stadtplanung
Region Hamburg
Bauherrin Freie und Hansestadt Hamburg
Planung

 Zaha Hadid Architects, London;

Projektbeteiligte

Objekt- und Tragwerksplanung: Ingenieurbüro GRASSL GmbH, Hamburg 

Generalunternehmer/Bauleitung: Hochtief Infrastructure GmbH, Hamburg

Fertigstellung 2019
Planungszeitraum 2005-2019
Größe / Fläche 625 m
Baukosten 81,9 Mio. Euro
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